Für eine Neujustierung der Berliner Startup-Politik im Sinne der Nachhaltigkeit

Kerngedanke

Eine Strategie für die Berliner Start-up-Politik, die konsequent auf nachhaltiges Wirtschaften setzt:

  • Fokussierung für das Standort-Marketing und die Gründer*innenzentren der Hochschuleb
  • Beratungsangebote für Investor*innen
  • Förderprogramme für Gründerinnen
  • Start-up-Lotsen für gründungswillige Neuankommende
  • Start-up-Strategie für die Verwaltungsdigitalisierung
  • Verzahnung im Senat in geeigneter Form

Grüne zu Start-ups

Unter Grüner Führung hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie, Betriebe vieles erreicht. Berlin ist mit mehr als 4.000 Start-ups mit großem Abstand der größte Start-up-Standort in Deutschland. Es hat sich eine lebendige Gründerszene herausgebildet, die die Universitäten und eine Vielzahl von Start-up-Inkubatoren mit einschließt. Auch für Investor*innen wird die Stadt immer wichtiger. Mit der Startup Unit von BerlinPartner gibt es eine Agentur für das Standort-Marketing. Die IBB stellt ein ganzes Instrumentarium an Förderprogrammen bereit, um Gründer*innen beim Start in die Selbstständigkeit zu helfen.

Das Wahlprogramm von uns Grünen Berlin trägt diesen Erfolgen zu recht Rechnung („Der Erfindergeist ist zurück in der Stadt: Als unumstrittene Start-up-Hauptstadt er­lebt Berlin eine neue Gründerzeit. An der Spree werden die Trends der Digita­lisierung ersonnen und von uns gefördert.“). Das Wahlprogramm legt zudem einen großen Schwerpunkt auf nachhaltiges Wirtschaften mit einer wichtigen Rolle für Start-ups. So heißt es: „Berlin ist Start-up-Hauptstadt mit einer starken Digitalwirtschaft, wir machen Berlin zum Zentrum der Innovation und Nachhaltigkeit für ganz Deutschland.“ Berlin soll weiter in Richtung ökologischer und sozialer Innovationen ausgebaut werden. „Mit dem Ziel „Berlin als Leuchtturm der Nachhaltigkeit“ wollen wir noch mehr Anreize setzen. Mit einem umfassenden Beratungsangebot für Inve­stor*innen wollen wir sicherstellen, dass mehr Geld in Nachhaltigkeit angelegt und investiert wird. Gemeinsam mit Expert*innen aus öko-sozialen Unterneh­men, Fachexpertise und privaten Investor*innen wollen wir Kriterien entwi­ckeln, die sozial nachhaltige Investments erleichtern.

Wie sollten nun Strategien für eine erfolgreiche, nachhaltige Berliner Start-up-Politik konkreter aussehen?

Strategien abgeleitet aus den Stärken & Schwächen Berlins

Es lohnt sich, sich die Stärken und Schwächen von Berlin als Start-up-Standort bewusst zu machen, und aus diesen dann Strategien abzuleiten.

Zu den Stärken Berlins zählen ohne Frage das bestehende Start-up-Ökosystem und die große Attraktivität der Stadt für Gründer*innen, Investor*innen und Mitarbeiter*innen. Eine weitere positive wirtschaftliche Entwicklung Berlins kann durch eine kontinuierliche Ansiedelung von Start-ups gefördert werden. Zudem haben sich in Berlin eine Vielzahl von so genannten ‚Green Start-ups‘ mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit angesiedelt (u.a. in den Bereichen Mobilität, nachhaltige Lebensmittel, Kreislaufwirtschaft) dazu auch Start-ups in den Bereichen Social Entrepreneurship, digitale Geschäftsmodelle und nicht zuletzt Gesundheit und Bildung. Die Tesla-Ansiedelung in Grünheide könnte zu einer Keimzelle für Mobilitäts- und Energiewende-Start-ups werden. Allgemeiner betrachtet bietet sich die Chance, Berlin zu DEM weltweiten Zentrum neuer, innovativer Geschäftsmodelle für die Nachhaltige Wirtschaft zu etablieren. Dies ist jedoch kein Selbstläufer. Berlin konkurriert mit anderen Start-up-Standorten (in Europa v.a. Paris und London, global u.a. mit dem Silicon Valley, Texas, Miami, Israel und Zentren in Ostasien), die teilweise aggressiv mit bestimmten Themen und Branchen für sich werben. Berlin hat im Standort-Marketing dagegen bislang keinen thematischen Fokus. Es sollte überlegt werden, nun ganz gezielt einen Fokus auf Nachhaltiges Wirtschaften im Standort-Marketing zu setzen.

Eine große Stärke von Berlin und seinem Umland ist auch die hohe Konzentration von Universitäten und Fachhochschulen (HU, FU, TU, Beuth Hochschule, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Hertie School). Die Gründer*innenzentren in den Hochschulen als Keimzellen neuer Start-ups sollten ausgebaut und weiter besonders in Richtung des Schwerpunktthemas Nachhaltigkeit miteinander vernetzt werden.

Damit Berlin gestärkt auch aus der Corona-Pandemie kommt, sollte weiterhin darauf geachtet werden, dass es zu keiner unnötigen Insolvenz-Welle kommt (die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie, Betriebe hat sich im Zusammenspiel mit der IBB mit unbürokratischen Hilfen hier sehr hervorgetan).

Berlin kann sich auch positiv als Start-up-Standort entwickeln, wenn einige der bisherigen Schwächen durch die nächste Landesregierung angegangen werden.

Bislang ist der Anteil von weiblichen Gründerinnen sehr niedrig (er liegt deutschlandweit bei etwa 15%). Studien zeigen jedoch, dass von Frauen geführte Gründungen erfolgreicher sind. Es wäre deshalb überaus sinnvoll, den Anteil der Gründerinnen durch dezidierte Förderprogramme und dem Stärken von weiblichen Vorbildern durch Mentoring und Netzwerkbildung konsequent auszubauen.

Berlin macht es Gründer*innen aus dem Ausland bislang nicht unbedingt einfach, sich in der Stadt niederzulassen. Mit der Einrichtung von Start-up-Lotsen, die beim Ankommen in der Stadt und dem Umgang mit den Behörden helfen, könnte ein Signal gesendet werden, das sich Berlin als weltoffene Metropole begreift.

Weitere Beratungsangebote sollte es auch für Investor*innen geben, die sich in der Stadt ansiedeln wollen. Es fehlen insbesondere Investor*innen, die Start-ups helfen können, zu expandieren (‚late stage‘) und im Bereich nachhaltige und soziale Investitionen. Das Projekt „Berlin als Leuchtturm der Nachhaltigkeit“ aus dem Wahlprogramm setzt den richtigen Schwerpunkt.

Das Gemeinwohl betrifft eine weitere Schwäche von Berlin: die schleppende Digitalisierung, insbesondere der Verwaltung. Berlin könnte versuchen, diese Schwäche auch ganz gezielt mit der Ansiedelung von Start-ups im regierungsnahen Bereich (‚GovTech‘) anzugehen. Durch die Veröffentlichung von Daten (‚Open Data‚) und ein EU-konformes, vereinfachtes Ausschreibungsverfahren, das Wert auf ‚Open Source‚ legt (‚public money for public code‘) sowie gezielten Start-up-Wettbewerben kann ein Start-up-Ökosystem für regierungsnahe, gemeinwohlorientierte Anwendungen aufgebaut werden.

Berlin könnte Opfer seines Erfolges der letzten Jahre werden, wenn sich bestimmte Rahmenbedingungen dauerhaft verschlechtern. Hierzu zählen steigende Gewerbemieten, steigende Wohnmieten und auch ein schleppender Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur. Hier muss die Stadt – nicht nur zum Wohle der Start-ups – gegensteuern, in dem in schnelles Internet, aber auch verfügbare neue Gewerbeflächen wie Tegel und Adlershof investiert wird.

Meine Empfehlungen

Den oben angerissenen Strategien gemein ist, das sie durch eine Bündelung noch stärker würden. Die Verwaltungsdigitalisierung, bislang in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport angesiedelt, braucht einen viel höheren Stellenwert. Da ein Teil der Lösung durch die Förderung von Start-ups geleistet werden könnte, sollte das Thema eng mit dem Standort-Marketing und dem Ausbau von Beratungsangeboten aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie, Betriebe verknüpft werden. Es könnte deshalb sinnvoll sein, z.B. eine Projekteinheit für solche Start-ups zu gründen, die aus beiden Häusern bestückt wird.

Thematisch wäre meine Empfehlung, sich strategisch auf die nachhaltige Wirtschaft im Standort-Marketing wie auch in der Förderung zu fokussieren. D.h. besonders auf Start-ups aus nachhaltigen Branchen (u.a. Mobilität, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Lebensmittelwirtschaft), nachhaltigen, digitalen Geschäftsmodellen und Dienstleistungen, sozialen und gemeinwohlorientierten (’social entrepreneurship‘) und regierungsnahen Start-ups (‚GovTech‘) und auch Start-ups aus dem Gesundheits- und Bildungssektor zu setzen. „sustainable.berlin“ könnte hier als gemeinsames Motto dienen, das auch die größere Metropolregion Berlin-Brandenburg mitumfasst und mitmeint.